Eigenschaften von Acrylglas
Die einzige Ähnlichkeit besteht darin, dass beide Materialien deutlich transparent sein können. Das zeigt sich auch in den Anwendungen. In Bezug auf die Anwendung gibt es kaum Überschneidungen zwischen Acrylglas und Glas. Trotzdem werden wir im Text einige Vergleiche anstellen, da danach gefragt wird.
Mechanische Eigenschaften
E-Modul: Biegen oder brechen?
Eine sehr wichtige mechanische Eigenschaft fast aller Materialien ist ihre Steifigkeit. Wie verhält sich ein Material unter Belastung? Elastizitätsmodul (E-Modul) ist hier ein Schlüsselbegriff. Je höher das Elastizitätsmodul ist, desto weniger dehnt sich ein Material unter Belastung aus, was sich in seiner Durchbiegung und Biegsamkeit widerspiegelt. Acrylglas hat ein E-Modul von etwa 3300 MPa, je nach Art, Polymerisationsgrad und Zusatzstoffen. Glas ist viel steifer. Acrylat biegt sich daher unter Belastung schneller als Glas. Auf diese Weise lässt sich Acrylat bis zu einem Radius von etwa der 300-fachen Materialstärke biegen und bricht nicht, ohne dass es erhitzt werden muss. Dies ist bei Glas nicht möglich. Acrylat / Acrylglas ist also viel weniger zerbrechlich als Glas.
Biegen oder brechen? Acrylat gibt ein wenig nach und bleibt in einem Stück, während Glas nur schwer nachgibt und bricht. Acrylat kann durch Zugabe von z. B. Naturkautschuken noch schlagfester gemacht werden, wobei das Material klar bleibt. Acrylat ist daher schwer zu brechen.
Möchten Sie ein besonders widerstandsfähiges Material? Dann wählen Sie Polycarbonat. Der Kunststoff Polycarbonat (ebenfalls, eine transparente Kunststoffplatte), ist im Vergleich zu Acrylat extrem bruchfest, aber noch biegsamer (geeignet für Bootsfenster) und kratzempfindlicher (eine Anti-Kratz-Beschichtung schafft hier Abhilfe).
Härte: kratzempfindlich, aber reparaturfähig
Die Härte eines Materials hängt auch vom E-Modul ab. Acrylat ist daher ziemlich hart. Gegossenes Acrylat ist noch härter als extrudiertes Acrylat. Da Glas noch härter ist, verkratzt es weniger schnell als Acrylglas. Zerkratztes Glas lässt sich nur schwer durch Polieren wieder schön machen. Bei Acrylat ist dies jedoch möglich. Zerkratztes Acrylglas kann mit wenig Aufwand durch Polieren wieder schön gemacht werden. Acrylat kann auch mit einer Anti-Kratz-Beschichtung (Typ: Optical) versehen werden. Diese haben wir auf Lager.
Das Verhalten nach der Belastung: plastische und elastische Verformungen
Bei genauerer Betrachtung sind die mechanischen Eigenschaften von Acrylaten sehr komplex. Diese Eigenschaften hängen z. B. von der Dauer der Belastung, der Molekularstruktur des Acrylats, der inneren Spannung und den Umweltfaktoren ab. Es gibt auch einen Unterschied im Verhalten nach einer Belastung oder Verformung. Dabei unterscheidet man zwischen plastischen (nicht rückbildungsfähigen - d. h. man kann etwas dauerhaft verformen) und elastischen (zurückfedernden) Verformungen. Hier ist die Temperatur ein entscheidender Faktor. Mit zunehmender Temperatur wird das Acrylglas immer biegsamer und es können komplexe Formen hergestellt werden, die beim Abkühlen gefrieren. Die neue Form bleibt erhalten, und es gibt kaum eine messbare Rückfederung. Wenn man jedoch gegossenes Acrylglas wieder über seinen Erweichungspunkt hinaus erwärmt (in der Tat ein Temperaturverlauf), tritt ein Erinnerungseffekt ein und das verformte Produkt wird wieder zu einer flachen Platte (übrigens nicht zu 100 %).
Wird eine Acrylglasplatte gedehnt, verbessern sich ihre mechanischen Eigenschaften. Flugzeugfenster werden zum Beispiel aus 2-achsig gezogenem Acrylglas hergestellt. (Die Fenster von Flugzeugen sind NIE aus Glas). Da die mechanischen Eigenschaften komplex sind, kann es vorkommen, dass etwas jahrelang einer Belastung standhält und dann plötzlich versagt. Aber keine Sorge: Es liegen mehr als genug Erkenntnisse über das Langzeitverhalten von Acrylat vor, um dies vorherzusagen. Aber Vorsicht: Lassen Sie sich immer beraten, ob Acrylat (oder welchen Typ Acrylat) für eine Anwendung geeignet ist. Manchmal ist eine Behandlung erforderlich - wie das Normieren oder Entspannen - bevor das Acrylat dauerhaft für eine Anwendung geeignet ist. Es gibt auch Anwendungen, für die Acrylat nicht geeignet ist. Das gilt für alle Materialien.
Ausdehnungskoeffizient: Verhalten des Materials
Wie alle Materialien ist auch Acrylat temperaturabhängig. Wenn die Temperatur steigt, wird die Acrylglasplatte größer. Der lineare Ausdehnungskoeffizient beträgt 0,6 mm/Meter/10℃. So wird ein 2 Meter langer Acrylglasstreifen, der auf zwanzig Grad erhitzt wird, 2,4 mm länger. Es ist wichtig, dies bei den Konstruktionen zu berücksichtigen. Wenn es keinen Platz für die Ausdehnung gibt, wird sich das Acrylglas ausbeulen oder der Druck auf die Konstruktion wird so groß, dass sie versagen kann. Für eine präzise Arbeit ist es sehr wichtig, dass das Acrylglas die richtige Arbeitstemperatur hat. Andernfalls kommt es zu Ungenauigkeiten bei den Abmessungen. Ein Beispiel: Platten, die im Sommer oben in einer hohen Lagerhalle gelagert werden, dürfen nicht direkt zum Sägen gebracht werden. Dadurch kann ein Unterschied von Millimetern entstehen!
Berücksichtigen Sie auch die Ausdehnung und Schrumpfung bei Anwendungen wie Sanitäranlagen/Duschen, wo es zu erheblichen Temperaturschwankungen kommt. Achten Sie darauf, dass das Material genügend Spielraum hat, und verwenden Sie ein Dichtungsmittel, das entsprechend flexibel ist. Entsprechendes gilt auch für Bootsfenster.
Tipp von Sied: "Schrauben Sie das Material niemals mit Senkkopfschrauben an. Bohren Sie die Löcher immer so groß, dass die erwartete Wirkung eintreten kann. Viele Bootsfenster sind bereits innerhalb weniger Wochen gerissen, weil dies nicht bedacht wurde. Und dann wird oft dem Material die Schuld gegeben ...".
Hinweis: In diesem Artikel wird nur sehr kurz und eher oberflächlich auf das interessante Verhalten und die vielen physikalischen und chemischen Eigenschaften von (allen Arten und Typen von) Acrylat eingegangen. Für eine eingehende Untersuchung des Materials verweise ich auf das meisterhafte Buch "Polymethacrylate" von Vieweg/Esser. Es ist DAS Buch mit stolzen 954 Seiten nur über Acrylat. Hier finden Sie alles, was Sie über Acrylat wissen müssen!
Optische Eigenschaften
Lichtdurchlässigkeit: Wie klar ist Acrylat?
Die Klarheit von Acrylat übertrifft die von Glas. Normales Glas ist nicht sehr klar, vor allem, wenn man an Acrylglas gewöhnt ist. Wenn man durch meterdicke Acrylatplatten hindurchschaut, ist das dahinter liegende Bild noch deutlich und ohne jede Einfärbung zu erkennen. Diese absolute Klarheit ist dauerhaft; Acrylglas vergilbt nie. Außerdem hat klares Acrylglas eine sehr hohe Lichtdurchlässigkeit von durchschnittlich 92 %.
Einzige Ausnahme sind die speziellen UV-durchlässigen Typen, die für Sonnenbänke hergestellt werden, die auch vergilben. Diese Sonnenbankunterlagen müssen natürlich UV-durchlässig sein! Sonst werden Sie nie braun ...
Aufgrund seiner hervorragenden optischen Eigenschaften wird Acrylat häufig als Lichtleiter in Schaukästen und natürlich in der Beleuchtungsindustrie verwendet. Durch Zugabe von extrem kleinen lichtstreuenden Partikeln lassen sich auf Acrylatbasis sehr gute Lichtstreuer herstellen, die sehr lange rein bleiben. Farbfilter werden durch Zugabe von Farbstoffen und Pigmenten hergestellt.
Bei PyraSied verfügen wir über ein Gerät, ein Spektrophotometer, mit dem wir die Lichtdurchlässigkeit im sichtbaren Spektrum messen können, um z. B. festzustellen, ob die erzeugte Farbe mit dem Labormuster übereinstimmt.
Thermische Eigenschaften
Erweichungspunkt: Acrylat ist einfach zu verformen
Acrylat ist ein Thermoplast: Bei ausreichender Erwärmung wird das Material biegeweich und damit leicht verformbar. Diese Verformung ist bei gegossenem Acrylglas ab etwa 110 °C deutlich erkennbar. Der Grad der Erweichung ist leicht zu kontrollieren. Der Erweichungsprozess ist ziemlich lang; es gibt keinen Wendepunkt wie bei Glas. Selbst bei niedrigen Temperaturen (120 °C) können wir im Ofen große Radien biegen, wie z. B. Schiffsfenster oder Wendeltreppenwangen. Extrudiertes Acrylglas beginnt bereits bei 100 °C zu verformen. Dies bedeutet, dass die Erweichung früher eintritt, aber auch, dass der Erweichungsprozess kürzer ist. Extrudiertes Acrylglas wird sehr biegefähig, fast flüssig, während gegossenes Material gummiartig bleibt. Das thermoplastische Verhalten von Acrylat ist für viele Anwendungen sehr wichtig. Zum Beispiel Badewannen, Duschwannen, Oberlichter und Bootsverglasungen. Die maximale Dauerbetriebstemperatur von gegossenem Acrylglas (ohne Last) beträgt 85 °C. Bei extrudiertem Acrylglas sind es 80℃.
Brennverhalten
Acrylat ist ein normal entflammbares Material. Im Falle eines Brandes ist die Rauchentwicklung praktisch gleich null. Deshalb ist Acrylat so einfach zu lasern! Gegossenes Acrylglas tropft überhaupt nicht, während extrudiertes Material nach einiger Zeit abtropft. Gemäß der Brandschutznorm EN 13501 fällt Acrylat unter die Klasse E. Dies schränkt die Verwendung des Materials im Rahmen der aktuellen Ansichten über Brandverhalten und Sicherheit ein. Polycarbonat und PETG, ebenfalls klare Thermoplaste, fallen unter die Brandklasse B und sind schwer entflammbar. Wenn diese Kunststoffe jedoch brennen, rauchen sie stark und - vor allem im Falle von PETG - tropft es auch sehr stark. PETG tropft fast wie Wasser.
Chemische Eigenschaften
Die chemischen Eigenschaften sowohl von gegossenem als auch von extrudiertem Acrylat sind gut. Acrylat ist nicht beständig gegen Lösungsmittel wie Aceton und Verdünner, aber beständig gegen Reinigungsalkohol und Terpentin. Acrylat, das Spannungen enthält - zum Beispiel infolge von Prozessen, bei denen das Material heiß geworden und schnell abgekühlt ist, wie Laserschneiden, Abkanten, Fräsen oder Sägen - ist anfällig für chemische Einflüsse. Gespanntes Material zeigt dann Anzeichen von Rissbildung. Diese Rissbildung kann durch Tempern (Wärmebehandlung) des beanspruchten Acrylats in einem Ofen vollständig vermieden werden.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass der Zusammenhang zwischen der Beanspruchung von Acrylat und der Aussetzung des Materials gegenüber Chemikalien und Dämpfen sehr komplex und heimtückisch ist. Beispielsweise führen frische Kräuter in einem Rohr aus Acrylglas zu Rissen (extrudierte Rohre sind nicht spannungsfrei).
Tipp von Sied: "Generell ist es sicher empfehlenswert, bei Verdacht auf Spannungen eine "Entspannungsbehandlung" durchzuführen, zumal Acrylglas bei richtiger Behandlung/Verarbeitung sehr lange halten kann. (Die Spannung kann sichtbar gemacht werden, indem das Acrylglas zwischen zwei polarisierte Folien gehalten wird. Wenn es zu einer Farbbildung kommt, ist das nicht in Ordnung".
Andere Eigenschaften
Elektrizität
Acrylat ist ein Isolator, selbst bei starken Spannungen in Hochfrequenzsituationen. Der Oberflächenwiderstand ist sehr hoch, wodurch sich das Material aufladen kann. Eine elektrische Ladung verbleibt im Material. Dies führt zu einem statischen Verhalten, das zum Beispiel Staub anzieht. Eine einfache Behandlung mit einem antistatischen Reiniger oder Spülmittel genügt, um dieses Problem zu beheben. In professionellen Situationen, z. B. bei der Verwendung von Acrylglas zum Bedrucken oder Tiefziehen, wird ein antistatischer Apparat verwendet. Dieses Gerät erzeugt eine Wechselspannung von etwa 100.000 Volt, die das Acrylglas vollständig und sehr schnell neutralisiert, ohne einen Film auf dem Material zu hinterlassen.
Tipp von Sied: "Kleben Sie niemals Acrylglas, das mit einer antistatischen Flüssigkeit gereinigt wurde. Der hauchdünne unsichtbare Film, der zurückbleibt, verhindert, dass der Klebstoff haftet. Wenn Sie sich also nicht zu 100 % sicher sind, ob die Oberfläche sauber ist, ist eine Reinigung mit Reinigungsalkohol sehr empfehlenswert."
Bearbeitung
Eine wesentliche "Eigenschaft" ist, dass Acrylglas sehr leicht zu verarbeiten ist. Mit einem Minimum an Wissen und guten, scharfen und stabilen Werkzeugen lassen sich schöne Ergebnisse erzielen, auch für jemanden mit zwei linken Händen. Lesen Sie aber vorher die Anleitungen und Hinweise und sorgen Sie für ein sicheres Arbeiten. (Tragen Sie zum Beispiel bei der Bearbeitung und beim Kleben immer eine Schutzbrille. Und halten Sie einen Feuerlöscher bereit, wenn Sie mit dem Laser arbeiten). Arbeiten Sie nie mit Bearbeitungswerkzeugen, ohne jemanden in der Nähe zu haben, falls etwas schief geht. Gegossenes Acrylglas ist leichter zu verarbeiten als extrudiertes Acrylglas. Extrudiertes Acrylglas hat einen niedrigeren Schmelzpunkt, was die Bearbeitung erschweren kann. Bearbeitungsverfahren wie Fräsen, Lasern, Kleben, Polieren, Bohren oder Heißbiegen sind sehr einfach auszuführen. In dieser Hinsicht ist Acrylglas um ein Vielfaches einfacher zu verarbeiten als Glas.
Recyclingfähig
Beide Acrylattypen sind leicht und vollständig recycelbar. Wir haben ein zu 100 % recyceltes (klares) Acrylglas namens Greencast® in unserem Lieferprogramm. Dieses gegossene recycelte Acrylglas lässt sich gut verarbeiten und hat die gleiche Qualität wie normales gegossenes Acrylglas. Wenn Sie Acrylglas noch übrig haben oder es nicht mehr benötigen, können Sie das Material zum Recycling abgeben. Alle Kunststoffverarbeiter verfügen über Sammelcontainer für jede Materialsorte zum Recycling. Bei uns werden alle Kunststoffabfälle dem Recycling zugeführt, und Sie können Ihren Kunststoff auch selbst abgeben. Bei großen Mengen können wir die Reste abholen lassen.
Gewicht von Acrylglas / Acrylat
Acrylat ist relativ leicht, was in vielen Situationen (z. B. bei Flugzeugfenstern) ein großer Vorteil ist. Es wiegt 1,2 kg pro dm³ oder anders ausgedrückt: 1 m² Acrylat von 3 mm Dicke wiegt 3,6 kg (3 x 1,2) und 1 m² von 10 mm Dicke wiegt 12 kg (10 x 1,2).